FRAUEN BEKOMMEN EIN VIERTEL WENIGER RENTE ALS IHRE PARTNER

Im Schnitt bekommt eine Frau, die mit 67 in den Ruhestand geht, im Monat 140 Euro weniger gesetzliche Rente als ein Mann, haben Forscher berechnet.

 

Bezieht diese Frau 15 Jahre Rente, fehlten ihr im Vergleich rund 25 000 Euro.

Frauen haben nicht nur im Beruf gravierende Nachteile, sondern auch bei der Alterssicherung. Grund ist ihre noch immer dominierende Rolle bei der Kinderbetreuung. Frauen bekommen am Ende ihres Erwerbslebens im Durchschnitt 26 Prozent weniger Rente als Männer. Das ergibt sich aus einer bisher unveröffentlichten Studie der Universität Mannheim und der niederländischen Tilburg University, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Untersuchung dieser geschlechtsspezifischen Rentenlücke (Gender Pension Gap) stützt sich auf Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). In Auftrag gegeben wurde sie von der Fondsgesellschaft Fidelity.

Nach 15 Jahren Rente kann die Lücke 25 000 Euro ausmachen

In absoluten Zahlen, so Alexandra Niessen-Ruenzi, Professorin an der Universität Mannheim, bedeute das: "Im Schnitt hätte eine Frau, die mit 67 in den Ruhestand geht, nach heutiger Berechnung im Monat 140 Euro weniger gesetzliche Rente als ein Mann." Beziehe diese Frau 15 Jahre Rente, fehlten ihr rund 25 000 Euro. Um die Lücke zu ermitteln, zogen Niessen-Ruenzi und Christoph Schneider, Professor an der Tilburg University, die "repräsentative Datenbank" des IAB heran, diese basiert auf gesetzlichen Rentenansprüchen von 1,8 Millionen Arbeitnehmern, der Stichprobenzeitraum reicht von 1993 bis 2014, laut Studie die aktuellsten verfügbaren Daten. Interessant dabei: Frauen sind je nach Alter in unterschiedlichem Umfang von der Rentenlücke betroffen. Mit 35 Jahren gibt es kaum Unterschiede zwischen den Rentenansprüchen von Frauen und Männern: Bei 26- bis 35-Jährigen existiert praktisch noch keine Rentenlücke. Doch von da an öffnet sich die Schere.

Danach sammeln Männer deutlich mehr Rentenpunkte bei der gesetzlichen Rentenkasse als Frauen, was später zu deutlich höheren Ruhegeldzahlungen führt. In der Altersgruppe von 36- bis 45-Jährigen liegt die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern bei 15 Prozent, bei den 46- bis 55-Jährigen steigt sie auf 27 Prozent. Niessen-Ruenzi erklärt das so: "Der wahrscheinlichste Grund für diese Entwicklung" sei, "dass viele Paare in den Dreißigern eine Familie gründen". Da Frauen häufiger als Männer nach der Geburt eines Kindes ihre Arbeitszeiten reduzieren, beginne sich das genau in dieser Altersgruppe zu entwickeln - "mit drastischen Folgen für die Finanzen von Frauen und ihre spätere Rente."

Niessen-Ruenzi betont die Bedeutung ihrer Ergebnisse: "Das ist gesellschaftspolitisch wichtig, wenn man sich die aktuellen Scheidungsraten ansieht, sind viele Frauen nicht mehr über ihre Männer abgesichert. Sie sollten frühzeitig anfangen, selbst vorzusorgen." Den Gender Pension Gap beschreiben auch frühere Studien der Rentenversicherung Bund und der Wirtschaftsforschungsinstitute DIW und WSI.Dass die aktuelle Studie von einem Finanzdienstleister wie Fidelity in Auftrag gegeben wurde, ist kein Zufall. Fondsgesellschaften, Banken und Versicherungen verdienen Milliarden mit Vorsorgeprodukten, die Lücken der gesetzlichen Rentenversicherung schließen sollen. Für Unkundige ist es bei oft intransparenten Gebühren aber schwierig, passende Angebote zu finden. Doch auch unabhängige Experten raten, Versorgungslücken früh aufzuspüren und zu schließen.

(von Hendrik Mundsberg , Süddeutsche Zeitung 17.09.2019)

SI-Club Ingolstadt engagiert sich in der Region auf vielfältige Weise gegen weibliche Altersarmut. Weiter Informationen zu unserer Projektarbeit auf dieser Webseite unter PROJEKTE/ REGIONAL




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